Geschichte der Straßenbahn in Liberec (1897bis
heute)
Die Jahre von
1897 - 1945
Am 25.
August 1897 wurde der Straßenbahnbetrieb im damaligen deutschsprachigen Reichenberg, in dieser Zeit
noch zur Österreich - Ungarn gehörend, mit 1000 mm Spurweite, 600V Gleichspannung und 8 Triebwagen eröffnet.
Die elektrische Ausrüstung der Wagen baute die Firma Siemens, alles andere stellte die Waggonfabrik in
Graz her. Die erste Strecke führte vom Bahnhof über den Altstädtischen Platz zum heutigen Zoo und wurde später bis zum Volksgarten verlängert. Die Straßen der Innenstadt waren sehr eng, so dass zwei eingleisige Strecken durch das Stadtzentrum errichtet wurden.
Bild 1:Tw 1 auf dem Altstädter Platz im August 1897,
während der Eröffnung der Straßenbahn in Liberec
Streckennetz 1897
1899
1904
1906 Ab 1899 wurden weitere Streckenäste eröffnet und die Straßenbahnen fuhren nun bis nach Röchlitz und 1904 auch nach Rosenthal. Da die vorhandenen Straßenbahnwagen nicht ausreichten, wurden neue
Fahrzeuge von der Grazer Waggonfabrik geliefert. Während der Deutsch-böhmischen Ausstellung 1906 im Stadtgebiet, wurde eine 700 m lange Stichstrecke zum Ausstellungsgelände gebaut, die aber nach Beendigung der Ausstellung wieder abgebaut wurde.
Bild 2: Streckennetz um 1904 in Reichenberg Zum Erholungsort Ober Hanichen, am Fußes des Jeschken-Berges gelegen, konnte 1912 eine weitere Straßenbahnlinie eröffnet werden. Sie führte vom Tuchplatz durch enge Straßen des Stadtzentrums, über Ober Rosenthal, Nieder Hanichen nach Ober Hanichen. Diese Strecke war eingleisig und mit Ausweichen. Der Endpunkt in Ober Hanichen besaß keine Ausweiche, so dass die Beiwagen schon an der Ausweiche Walhalla zurückgelassen werden mussten.
In den weiteren Jahren bis 1945
änderte sich nicht mehr viel im Straßenbahnnetz von Reichenberg, abgesehen von einer Streckenverlängerung von 750 Metern im Ortsteil Rosenthal im Jahre 1929. Eine Umverlegung der Linie 3 erfolgte im Jahre 1932 mit der Errichtung einer 300m langen neuen Strecke Viadukt - Bahnhof. Der alte Abschnitt Viadukt - Tuchplatz war sehr kurvenreich und wurde eingestellt. Damit war die
Entwicklung der Straßenbahn in Reichenberg bis zum Ende des 2. Weltkrieges abgeschlossen.
Streckennetz 1912
1929
1932
1934
Die Jahre von
1945-1990
Seit Ende des 2. Weltkrieges gehörte
Reichenberg wieder zu Tschechien und heißt Liberec. Bis zum
Sommer 1946 wurden alle deutschen Anschriften entfernt, Straßen
und Plätze umbenannt.
Bild 3:
Tw 43 mit Bw 59 auf dem Platz Soukenné nám. in Richtung Lidové
Sady
1947 wurde das Projekt einer Verbindung nach Jablonec wieder aufgegriffen, die schon um 1900 geplant war. 1948 begannen die Arbeiten von Jablonec
aus. In diesem Jahr wurden beide Verkehrsbetriebe vereinigt. 1950 begann man mit dem Bau der ersten Gleisschleife in Lidové Sady und ein Jahr später war die Strecke von Jablonec
bis Proseč n.N. fertig gestellt. Die ersten 6 Triebwagen nach dem Kriege vom Typ MT6 wurden 1953 angeliefert.
Tw 117 MT6 Ein Jahr später wurde der Betrieb auf der Überlandstrecke von Jablonec
aus über Proseč n.N. bis nach Vratislavice eröffnet. In Richtung Liberec fuhren Busse. Zum Jahreswechsel 1954/55 konnte dann die gesamte Strecke als Linie 11 eröffnet werden. In Jablonec
endete diese Linie in einer großen Stadtschleife und in Liberec in der Fügnerova im Stadtzentrum. Zu dieser Zeit hatten die Straßenbahnen in Liberec und Jablonec
ihre größte Ausdehnung von ca. 46 km. 1959 wurde das Ende der Straßenbahn in
der Stadt Jablonec eingeleitet und der Verkehr auf der Stadtlinie eingestellt. Zum Jahreswechsel 1964/65 verkehrte auf der Überlandlinie in Jablonec
keine Straßenbahn mehr.
In Liberec sah es nicht besser aus. 1960 wurde die Linie 2 Růzodol -
Rochlice eingestellt. 1956 kam der neuer Straßenbahntyp T2 in
Liberec zum Einsatz. Auf schaffnerlosen Betrieb wurde 1965 als erste
die Linie 3 umgestellt und zum Jahresende kam der neuer Triebwagen vom Typ T3 zum Einsatz. Während des Einmarsches der Russischen Armee am 21.8.1968 kam der Straßenbahnverkehr teilweise zum erliegen.
Streckennetz 1945
1955
1959
1960
1965 Da der Gleiszustand auf der Überlandstrecke derart schlecht war, wurde 1972 die Strecke von Liberec bis Proseč n.N. gekürzt. Ein Jahr später fuhren auf den Linien 5 und 11 keine Bahnen mehr und die eingleisige Überlandstrecke wurde komplett rekonstruiert. Ab 1975 wurde die Linie 5 wieder in Betrieb genommen und ein Jahr später die Linie 11. Diese endete nun in Jablonec
in einer neuen Schleife außerhalb des Zentrums. Ende der
80er Jahren war das Streckennetz in einen schlechten
Zustand und das Weiterbestehen der Straßenbahn war
gefährdet. Die zuständigen Behörden entschieden, dass
die Bahn erhalten bleibt und das Streckennetz
vollständig erneuert wird. Modernisierung der Straßenbahn
begann ab 1990 und ist bis
heute nicht abgeschlossen.
Die Jahre von
1990 - heute
1990 begann die umfassende Rekonstruktion des Gleisnetzes mit der Strecke Soukenné nám. Lidové Sady. Dieser Streckenast
wurde komplett gesperrt und über mehre Jahre mit Bussen betrieben.
Dabei wurde in der Innenstadt eine komplett neue Gleisführung
gewählt. Die neuen Gleise wurden in 1000 mm und 1435 mm Spurweite
verlegt. In der Fügnerova wurde 1995 eine moderne
Zentral-Haltestelle mit einer Wendeschleife für die Linie 5 und 11
errichtet. Im gleichem Jahr wurde auch die Strecke bis zum Viadukt und zum Depot in Doppelspur übergeben. Ein Jahr später begann der Umbau der Strecke Viadukt - Kubelíkova. Dieser Streckenast wurde nur in 1435 mm Spur rekonstruiert.
Während der Bauzeit wurde die Schmalspurstrecke
in Richtung Horní Hanychov provisorisch neben der Baustelle vorbeigeführt. 1998 war die Rekonstruktion bis Kubelíkova
abgeschlossen und alle innerstädtischen Linien wurden auf Regelspur
umgestellt. Dadurch fuhr keine Straßenbahn mehr nach Horní Hanychov.
An der Kubelíkova wendete man die Bahnen in einem Gleisdreieck. Weiterhin erwarb man gebrauchte T2 und T3 Fahrzeuge aus Ostrava, Most und Prag und modernisierte diese. Das Depot konnte 1999 um eine weitere Halle erweitert werden.
Bild 4: Tw 53 im Mai 2008 an der Haltestelle
Kubelíkova als Linie 3 in Richtung Lidové Sady.
Streckennetz 1975
1984
1998 Seit 2001 fährt die Straßenbahn wieder bis Dolní Hanychov. Im Jahre 2004 wurden zwei neue Fahrzeugtypen erworben,
die aber durch Zulassungsprobleme nicht zu Einsatz kommen. Neben einem T4D (ex 104) kam ein KT4D (ex 105) nach Liberec. Beide Fahrzeuge waren im Geraer Straßenbahnnetz als Arbeitstriebwagen im Einsatz. Der T4D wurde 2005 zum Arbeitstriebwagen 214 umgebaut. Die Rekonstruktion der Strecke bis Horní Hanychov war 2005 abgeschlossen. Eine spätere Verlängerung zu Seilbahnstation unterhalb des
Ještěd ist vorgesehen. Aus Platzgründen kann hier keine Wendeschleife errichtet werden.
Seit Ende 2005 fahren wieder Niederflur-Straßenbahnen durch Liberec. Es handelt sich hier um rekonstruierte T3-Wagen mit einem neuen Wagenkasten. Der Niederfluranteil beträgt 33 %. Für die Zukunft sind weitere Modernisierungen von Fahrzeugen vorgesehen, Streckenneubauten nach Rochlice und Ruprechtice
sowie die Umspurung der Linie 5 und 11 bis Vratislavice auf 1435mm
Spurweite. Ab Vratislavice soll die bestehende Eisenbahntrasse
mitbenutzt werden. Die "alte" Überland-Trasse nach Jablonec
wäre
dann überflüssig.
Im Jahr 2008 begannen die Arbeiten an der Umspurung der Linie 5
/ 11 in Richtung Vratislavice, verbunden mit der geplanten Neubaustrecke nach
Rochlice. Dazu wurde die Wendeschleife an der Fügnerova umgebaut. Ein Jahr
später erfolgte der Umbau der Straße Mlýnská und 2011 verlängerte man die
rekonstruierte Strecke bis U Lomu. Seit 2012 in eine neuer Niederflurgelenkwagen
auf der Normalspurstrecke im Einsatz. Im Jahr
2013 soll der zweigleisige Ausbau bis Vratislavice
beginnen.
Neubautrecke
nach Rochlice
Rekonstruktion 2013
|